Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn
Ich behaupte einfach mal, dass die wenigsten meiner Leser wirklich mal den Film von 1931 gesehen haben, noch weniger wahrscheinlich das Original von 1910 und wahrscheinlich niemand die Romanvorlage aus dem Jahre 1818 gelesen hat. Dennoch werden aber wahrscheinlich alle mit der Geschichte um Dr. Frankenstein vertraut sein. Wenn nicht, hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung: Verrückter Wissenschaftler kreiert sich sein eigenes Monster aus Körperteilen von Toten und erweckt dieses mit Hilfe von Strom zum Leben. Diese Geschichte wurde schon X-Mal verwurstet und mitunter in anderen Filmen und Serien immer wieder aufgegriffen. Dessen war sich Regisseur Paul McGuigan bewusst und so erzählt er eher am Rande die Geschichte, die wir alle schon kennen. Der Fokus liegt viel mehr auf der Frage, wer Dr. Frankenstein und sein Assistent Igor waren und welche Gründe die Beiden zu ihren Handlungen bewegten.
Wie akkurat sich der Film nun an den Roman oder eine der beiden Ur-Verfilmungen hält, wage ich nicht zu beurteilen, da ich diese Werke ebenfalls nicht kenne, das ist aber auch nicht schlimm. Die Person von Victor Frankenstein wird von James McAvoy gespielt, den man wohl am ehesten als Dr. Charles Xavier aus den letzten X-Men Filmen kennen dürfte. McAvoy macht seine Sache richtig gut, er spielt den etwas irren, aber durchaus genialen und trotz seiner arroganten Art liebenswürdigen Medizinstudenten mit voller Hingabe und geht in der Rolle richtig auf. Daniel Radcliffe, der hier den Assistenten Igor spielt und den meisten wohl eher als Harry Potter bekannt sein dürfte, macht seinen Job solide, kommt aber nicht an den starken Partner heran. Vielmehr musste ich unweigerlich immer wieder daran denken, dass Harry Potter doch irgendwie komisch aussieht, mit so langen Haaren.
Umgesetzt wurde der Film wie eine Mischung aus den Serien Sherlock, Psych und Dr. House im früh industriellen England. Ein paar freche Sprüche, eine Liebesgeschichte, ein bisschen, durchaus nicht all zu sehr ernst zu nehmendes Wissenschaftsgerede und ganz wenig, um nicht zu sagen keine Horror-Elemente. Ganz richtig, wer bei diesem Film einen schön trashigen oder auch nur normalen Horror Film erwartet, wird leider nicht bedient. Denn wie zuvor erwähnt, soll hier die Geschichte um Victor Frankenstein und seinen Handlanger beleuchtet werden. Dies ist wohl auch das größte Problem des Films, denn die Geschichte ist weder sonderlich spannend noch interessant; eher Mittel zum Zweck. Schon zu Beginn zeigt McGuigan wo der Film hin gehen soll und das Ziel vor Augen wird hier einfach eine Geschichte durch geprügelt, die doch ihre Schwächen hat. Ich will damit nicht sagen, das der Film schlecht war, ganz im Gegenteil, er war trotz einer Spielzeit von fast zwei Stunden nicht ein einziges mal langweilig, dennoch saß man am Ende der Vorstellung mit einer gewissen Ernüchterung im Saal. Es hat halt irgendwie das gewisse etwas gefehlt.
tl:dr
Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn ist alles andere als ein Horror-Film, sondern grenzt schon fast an das Genre Tatsachenfilm, wenn denn nicht die gesamte Story reine Fiktion wäre. Der Film weiß mit starken Charakteren und einer neuen Sichtweise zu unterhalten, doch das ganz große Aha-Erlebnis bleibt leider aus.
Meine Wertung: 6/10
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